Die Paleo-Diät nach Cordain

The Paleo Diet von Loren Cordain, Ph.D. ist wohl das beliebteste Paleo-Buch der letzten Jahre. 2002 erschienen hat es vielen die Tür zu einer Paleo-Lebensweise eröffnet. Und es ist in der Tat ein sehr interessantes Buch, das sich hervorragend als Einstieg eignet.

Dem Leser wird Stück für Stück erklärt, wieso die heutige kohlenhydrat- und getreidereiche Ernährung aus biologischer Sicht nicht optimal (quatsch: schädlich!) für unsere Gesundheit ist und wieso eine eiweiß- und fettreiche Diät1 unserem Körper um Welten besser bekommt.

Loren Cordain besitzt als Professor für Gesundheit- und Sportwissenschaften der Colorado State University in den USA auch das nötige Fachwissen für das Buch. Cordain ist eine weltweit anerkannte Kapazität über die Paleo-Ernährung und ihre Relevanz hinsichtlich moderner Krankheiten.

Entsprechend hat das Buch eine sehr ausführliche Bibliographie. Leider ist diese nur eine alphabetische Auflistung ohne genauere Bezugnahme auf die jeweiligen Studien, die im Hauptteil des Buches erwähnt werden. Bücher für die breite Masse haben leider die Tendenz, Fußnoten als unwillkommenes Stiefkind zu behandeln.

Das Buch

Das Buch ist in drei Teilen mit insgesamt 12 Kapiteln aufgeteilt.

Teil 1 ist „Unterstanding the Paleo Diet“, eine gute Einführung in die Prinzipien und Wissenschaft hinter der Paleo-Ernährungsweise nach Cordain.2 Unter anderem wird erklärt, wieso eine getreidereiche Ernährung aufkam, was mit dieser nicht stimmt und wieso die Wissenschaft lange Zeit schlicht falsch in der gesundheitlichen Beurteilung von Ernährungsweisen war und leider oft auch noch ist.

Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung von Pflanzenölen in den 1950er-Jahren und Folgeprodukte wie Margarine, als Butter wegen gesättigter Fettsäuren fälschlicherweise in die Ecke ungesund gesteckt wurde. Dadurch wurden plötzlich weit mehr Omega-6- als Omega-3-Fettsäuren konsumiert. Wie wir mittlerweile wissen, ist das sehr schädlich. Zudem wurden mit der begeisterten Aufnahme von Pflanzenölen in privaten und industriellen Küchen die schädlichen sog. Trans-Fette ein fester Teil der Ernährung. (Dass diese mittlerweile in Kalifornien und New York aus Gaststätten verbannt sind, zeigt allerdings, dass man langsam aufwacht.)

Teil 2, „Losing Weight and Preventing And Healing Disease“, spricht über das Abnehmen auf der Paleo-Diät, das metabolische Syndrom und andere Zivilisationskrankheiten und wie sich die Paleo-Diät positiv auf Deine Gesundheit auswirkt: Ernährung als Medizin. Angesprochen werden: Syndrom X- bzw. metabolische Syndrom-Krankheiten, Herzkreislauferkrankungen, Osteoporose, Bluthochdruck, Schlaganfall, Nierensteine, Asthma durch Sport, Morbus Menière, Magenkrebs, Schlaflosigkeit, Reisekrankheit, Verdauungsstörungen und -krankheiten, Autoimmunerkrankungen (aufgrund von Lektine in Getreideprodukten)3, psychologische Probleme, Vitamin-Mängel, Zahnkaries und Hautkrebs.

Teil 3 des Buches, „The Paleo Diet Program“, bespricht die Regeln der Paleo-Diät im Detail. Hier steht, welche Nahrungsmittel zu meiden (wie zum Beispiel Erdnüsse, weil diese keine echten Nüsse sondern Hülsenfrüchte sind) oder nur in begrenztem Maße zu genießen sind (wie beispielsweise Mandeln, die extrem hoch an Omega-6-Fettsäuren sind und keine Omega-3-Fettsäuren haben). Um die 35 Seiten werden Rezepten gewidmet.

Die Grundregeln der Paleo-Diät nach Cordain

  1. Mageres Fleisch sowie Fisch und Meeresfrüchte ohne Begrenzung.
  2. Früchte und stärkefreies Gemüse ohne Begrenzung.
  3. Keine Zerealien.
  4. Keine Hülsenfrüchte.
  5. Keine Milchprodukte.
  6. Keine weiterverarbeiteten Lebensmittel.

(Siehe The Paleo Diet, Seite 20.)

Werden diese Regeln befolgt, liegt der Eiweißanteil der Ernährung bei 19-35%. Kohlenhydrate machen 22-40% und Fette 28-47% der Ernährung aus. Bei den Fetten soll das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren ausgeglichen sein. Die eingenommene Tagesmenge von Vitaminen wie A, C, E und K und Spurenelementen wie Zink, Selen, Kupfer und Eisen ist um ein Vielfaches höher als bei einer herkömmlichen Ernährung. Zucker und Salz, Stärke und schlechte Fette sind dagegen so gut wie nicht vorhanden.

Nicht nur Ernährung, Paleo-Sport ist auch dabei

Kapitel 11 trägt die Überschrift „Paleo Exercise“. Wie bei der Ernährung ist das Ziel möglichst ursprüngliche Bewegungsmuster in den Sport zu integrieren. Der frühe Mensch hat nicht um der Fitness willen Sport getrieben. Ein hohes Maß an unterschiedlicher körperlicher Aktivität gehörte zum Alltag. Laut Cordain gehen moderne Jäger und Sammler wie die !Kung (die aus dem Film Die Götter müssen verrückt sein) täglich durchschnittlich um die 10km (Frauen) bis 16km (Männer) und die durchschnittliche Ausdauer eines Jäger und Sammlers entspricht der eines Spitzensportlers. Meines Erachtens hat der frühe Mensch diese Ausdauer zumindest gelegentlich bei der Ausdauerjagd eingesetzt. Ansonsten waren kurze aber intensive Tätigkeiten üblich, wie sie beim Jagen oder Kämpfen aufgetreten sind, gefolgt von ruhigeren Phasen.

Wie man heute in freier Natur möglichst ursprünglich trainieren kann, sieht man in den folgenden Videos (am Besten in hoher Auflösung anschauen) von Erwan Le Corre und seine MovNat-Philosophie:

Ansonsten empfiehlt sich eine Trainingsmethode wie bei CrossFit. Wichtig ist, dass Du möglichst viel unterschiedliches machst. Eine Mischung aus Ausdauer und Kraft ist gefragt; Dein gesamter Körper soll sich bewegen, alle Muskeln wollen beansprucht werden.

Paleo und Ausdauersportler heute. Es ist schon fast eine Volksweisheit, dass Ausdauersportler eine kohlenhydratreiche Ernährung brauchen. Berge von Spaghetti oder Reis sind genauso selbstverständlich wie das Amen in der Kirche. Schließlich braucht man die Energie der Kohlenhydrate. Wie schneidet die Paleo-Ernährung für Sportler ab?4

Der bekannte Triathlet und Trainer Joe Friel hat die Paleo-Diät ausprobiert. Seine Ernährung hatte, wie bei den meisten Ausdauersportlern, ihren Schwerpunkt bei Kohlenhydraten. Langjährige Bekannte, Cordain forderte Friel heraus. Er sollte einen Monat lang Paleo essen und er würde sehen, dass es ihm besser ginge. Skeptisch und willens Cordain zu zeigen, dass Kohlenhydrate das Wahre sind, nahm er die Herausforderung an. Kartoffel, Reis und Nudeln wurden durch Früchte, Gemüse und mageres Fleisch ersetzt.

Die ersten zwei Wochen auf der Diät fühlte er sich bestätigt. Er fühlte sich schlapp, sein Training war kraftlos und er brauchte länger, sich von einem Training zu erholen. Doch in der dritten Woche geschah etwas merkwürdiges. Er fühlte sich immer besser und seine Erholungsphasen wurden kürzer und kürzer. In der vierten Woche wollte er es wissen und ging aufs Ganze.

Seit er die 40 überschritten hatte (er war 51 zum Zeitpunkt der Wette), konnte er nicht mehr als 12 Stunden/Woche trainieren, ohne zu erkranken. In der vierten Woche trainierte er insgesamt 16 Stunden und fühlte sich toll. Er fasste den Entschluss, das Experiment fortzusetzen. Die kommende Saison wurde einer seiner besten seit Jahren. Seitdem empfiehlt er die Paleo-Diät seinen Athleten. Von denen, die es probieren, sind alle begeistert.

Meine Bewertung

Eine sehr gute englisch-sprachige Einführung in die Paleo-Welt. Zwar stimme ich mit manchen Sachen nicht überein, wie beispielsweise der Ansicht, dass Früchte ohne Begrenzung gegessen werden sollen5 (weil Früchte heute süßer sind bzw. weniger Ballaststoffe als ihre wilden Vorfahren haben) oder das Fleisch grundsätzlich mager sein soll, aber nichtsdestotrotz ist es ein gutes und interessantes Nachschlagewerk. Wünschenswert wäre allerdings eine kapitelspezifisch gegliederte Bibliographie, anstatt einer rein alphabetisch geordneten. Zudem hätte ich mir eine Auseinandersetzung mit der Frage „Roh oder gekocht?“ gewünscht (bei Cordain wird gekocht). In den meisten Büchern wird leider nicht darauf eingegangen.6

Vor dem Kauf sollte man jedoch wissen, dass alle Informationen auch im Netz zu finden sind. Die Paleo-Gemeinde ist sehr groß und es gibt eine riesige digitale Bibliothek zum durchstöbern. Letztendlich ist es Geschmackssache. Möchte ich lieber ein Buch in meinen Händen halten oder möchte ich lieber im Netz stöbern?

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  1. Im Sinne einer langfristigen Ernährungsweise und nicht etwa im Sinne einer Karotten-Diät.
  2. Es gibt nicht die eine Paleo-Diät. Zwar stimmen die Grundprinzipien immer überein, aber es gibt leichte Unterschiede zwischen den Paleo-Strömungen. Die einen essen roh, die anderen kochen ihr Essen, manche Gruppen essen viele Früchte, andere weniger und so weiter und so fort.
  3. Siehe aber auch How to Eat Grains bei Whole Health Source über die Auswirkung von Zubereitungsweisen auf den Lektin- sowie Phytinsäuregehalt.
  4. Wie es der Zufall will: Gold bei der Winter Olympiade für Björn Ferry auf einer kohlenhydratarmen Diät.
  5. Wobei auf Cordains Webseite das relativiert wird.
  6. Eine sehr empfehlenswerte Lektüre zu der Frage findet sich auf BeyondVeg.com.

9 Gedanken zu „Die Paleo-Diät nach Cordain“

  1. Man sollte vielleicht noch anfügen, daß Cordain bzw. sein bekanntester Schüler, Robb Wolf, die Empfehlung, lediglich mageres Fleisch zu verzehren, mittlerweile revidiert haben:

    Tierisches Fett in Form von fettem Fleisch, Butter aus Weidemilch, Schmalz, fettreichem Fisch etc. nimmt mittlerweile eine zentrale Rolle in ihren Ernährungsempfehlungen ein.

    Eine Ernährung mit Schwerpunkt auf fettarmem Fleisch/Fisch birgt Risiken, weil dabei einer hohen Eiweißmenge nicht genügend Fett gegenübersteht (rabbit starvation).

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      • Ja, ich konsumiere ca. 50% meiner Kalorien aus Kohlenhydraten und zwar übewiegend aus Zucker (Früche, Milch, Honig und etwas raffinierter Zucker). Stärke ist nicht schlecht, jedoch ist der Blutzuckerspiegel bei Stärke schwerer zu regulieren, da keine Fructose vorhanden ist, die den Insulin Ausstoß von Glukose hemmt/ausgleicht.

        Fett kann der Körper bei Bedarf selbst aus Glukose herstellen und zwar gesättigtes Fett. Dennoch halte ich eine Aufnahme von ca. 50-150g Fett für sinnvoll und notwendig, da manche Vitamine fettlöslich sind bzw. nur in fetthaltigen Lebensmitteln vorhanden sind und Fett ebenfalls bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels helfen kann.

        Bei einer sehr geringen Aufnahme von Omega 3 und Omega 6 (PUFA) kann der Körper auch Mead Acid aus Ölsäure synthetisieren. Mehrfacht ungesättigte Fette sind also nicht wirklich essentiel. Mead Acid ist eine Omega 9 Fettsäure, welche im Gegensatz zu Omega 3 und Omega 6 keine Entzündungen verursachen kann und sogar anti-entzündlich wirkt. Babys haben einen erhöhten Mead Acid Spiegel, da ihre Ernährung, solange sie auf Muttermilch basiert, PUFA arm ist. Umso mehr Omega 3 und Omega 6 im Laufe des Lebens verzehrt wird, desto weniger Mead Acid ist vorhanden. Meine Ernährung besteht aus ca. 2% PUFA, dies entspricht auch der Pufa-Aufnahme von gesunden Naturvölkern wie der Massai oder Kitava.

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          • Das stimmt, ich beschäftige mich schon länger mit Dr. Ray Peat und stehe auch schon einige Zeit mit ihm in E-Mail Kontakt. Ich halte ihn weltweit für den besten Gesundheitswissenschaftler und außer ihm gibt es wohl auch niemanden, der nahe zu das ganze Leben mit Gesundheitsforschung verbracht hat. Dass gesättigtes Fett gesund ist, wusste Peat schon vor über 40 Jahren. Studien, die uralt sind und die nicht mal mehr im Internet zu finden sind, kennt auch nur er.

            Generell teile ich deine Meinung, dass es verschiedene Ernährungsformen gibt, die gesund sind. Sowohl die Massai (tierische Ernährung), als auch die Kitava (fast vegane Ernährung) erfreuen sich zum Beispiel bester Gesundheit. Siehe http://www.danielstrassmann.de/2012/08/die-ernahrung-der-massai-und-kitava.html

            Jedoch würde ich weder die Massai, noch die Kitava Ernährung als optimal bezeichnen. Eine optimale Ernährung schöpft meiner Meinung nach das volle Potential des menschlichen Organismus aus und besteht aus den besten Nahrungsmitteln weltweit. Die Kitava z.B. haben einen Mangel an tierischen Proteinen und wahrscheinlich auch Vitamin A. Wenn die Menschen aus Naturvölkern nicht schon so früh sterben würden (Ein Kitava Mensch wird durchschnittlich nur 45 Jahre), würde es leichter erkennbar sein, dass die Gesundheit des Volkes nur „gut“, aber nicht „optimal“ ist. Würde ich mich an die Lebensmittel halten, die ich in meiner Umgebung finden kann, würde meine Ernährung niemals optimal sein, da ich z.B. kein Kokosöl hätte, dass es nur in warmen Gebieten wie Asien gibt.

            Die einzigen guten Quellen zu dem Thema PUFA sind der PUFA-Report von Chris Masterjohn (http://www.cholesterol-and-health.com/PUFA-Special-Report.html) und die Artikel von Ray Peat, wie z.B. http://raypeat.com/articles/articles/unsuitablefats.shtml

            Ich werde das Thema allerdings bald auf meiner Seite zum ersten Mal in Deutsch ausführen.

            Zum Thema PUFA und Säuglinge, hier zwei Zitate von Dr. Ray Peat:
            „The fetus produces saturated fats such as palmitic acid, and the monounsaturated fat, oleic acid, which can be turned into the Mead acid, ETrA (5,8,11-eicosatrienoic acid), and its derivatives, which are antiinflammatory, and some of which act on the „bliss receptor,“ or the cannibinoid receptor. In the adult, tissues such as cartilage, which are protected by their structure or composition from the entry of exogenous fats, contain the Mead acid despite the presence of linoleic acid in the blood.
            At birth, the baby’s mitochondria contain a phospholipid, cardiolipin, containing palmitic acid, but as the baby eats foods containing polyunsaturated fatty acids, the palmitic acid in cardiolipin is replaced by the unsaturated fats. As the cardiolipin becomes more unsaturated, it becomes less stable, and less able to support the activity of the crucial respiratory enzyme, cytochrome oxidase.
            The respiratory activity of the mitochondria declines as the polyunsaturated oils replace palmitic acid, and this change corresponds to the life-long decline of the person’s metabolic rate.”

            und

            “Since the fetus is able to synthesize fat from glucose, the newborn animal usually contains a high proportion of saturated fats and their derivatives, such as stearic acid, oleic acid, and Mead acid, which can be synthesized from glucose or amino acids. Newborn calves have very little polyunsaturated fat in their tissues, but even the small percentage of PUFA in milk causes its tissues to gradually accumulate a higher percentage of PUFA as it matures. The fatty acids of newborn humans, and other non-ruminants, reflect their mothers’ diets more closely, but Mead acid is still present in human newborns (Al, et al., 1990). In a study of prenatal learning (habituation rate), the experimenters found that the relative absence of the supposedly essential fatty acids improved the short term and long term memory of the fetus (Dirix, et al., 2009). The size of the baby was found to be negatively associated with the highly unsaturated fatty acids DHA and AA (Dirix, et al., 2009), showing a general growth-retarding effect of these environmentally derived fats.“

            Liebe Grüße, Daniel S.

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            • Besten Dank für die weiterführenden Hinweise.

              Kann ich voll unterschreiben: „Eine optimale Ernährung schöpft meiner Meinung nach das volle Potential des menschlichen Organismus aus und besteht aus den besten Nahrungsmitteln weltweit.“ Ich bin der Ansicht, dass man den Körper durchaus tunen kann und in der Zukunft auch verstärkt tunen wird. Wir haben aber noch extrem viel über unsere Biologie zu lernen.

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